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Standpunktdiskussion

CMC Masters Club Standpunktdiskussion: "Verwaltungsreform als Chance"

UBIT-Obmann Harl lud zur vierten CMC Masters Club-Standpunktdiskussion mit Franz Fiedler und Hans Jörg Schelling ins Hotel Sacher 

Im Rahmen des CMC Masters Clubs diskutierten der ehemalige Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler und WKÖ-Vizepräsident und SV-Hauptverbandsvorsitzender Hans Jörg Schelling am 04. Juli 2011, welche politischen Akzente und Einsparungen notwendig sind, um die „Verwaltungsreform als Chance" für Österreich zu nutzen. Dem früheren Rechnungshof-Präsidenten war die Enttäuschung der mangelnden Umsetzung vieler in der Vergangenheit gemachter Expertenvorschläge ins Gesicht geschrieben und zeigte in vielen konkreten Beispielen auf, welches Einsparungspotential mit welchen Maßnahmen möglich wäre. Ebenso exakt zeigte der Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger Schelling die Schwächen der politischen Staatsstrukturen auf, bot aber einen Lichtblick mit den ersten Reformergebnissen im Gesundheitssystem.

Moderator und Gastgeber Alfred Harl, Obmann des Fachverbandes UBIT, betonte im vollen Hotel Sacher, dass Einsparungen und reibungsloses Arbeiten das zentrale Thema für die Wohlstandssicherung Österreichs seien. Nur Länder, die schnell und ohne den Ballast unnötiger Bürokratie arbeiten können, werden wirtschaftliche Spitzenpositionen im internationalen Ranking einnehmen. Für Österreich gelte außerdem, dass Wissen und Innovation eine wesentliche Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg sind.

Der ehemalige Rechnungshof-Präsident zeigte sich in seinem Eingangsstatement vom fehlenden Strukturreformwillen der heimischen Politik enttäuscht. „Das aktuelle Regierungsprogramm sieht eine grundlegende Staats- und Verwaltungsreform vor", so Franz Fiedler. In der öffentlichen Bürokratie sollten die Verwaltungskosten für Unternehmen bis zum Jahr 2010 um 25 Prozent gesenkt werden. Diese Ambition sei, so Fiedler, bis heute nicht umgesetzt worden. Auch im Gesundheitswesen und in der Schulverwaltung wurden enorme Entlastungspotenziale nicht ausgeschöpft. „Allein im Schulwesen versickern laut IHS-Studie 12 Prozent oder rund 800 Millionen Euro unserer Bildungsausgaben in administrativen Strukturen ohne zählbaren Erfolg." Grund dafür sind die zersplitterten Kompetenzen zwischen Bund und Ländern und die fehlende Finanzierung und Lenkung aus einer Hand. „Unsere Verwaltung ist viel zu teuer und zu wenig kosteneffizient." Dabei könnte Österreich laut einer WIFO-Studie aus 2009 bei gleichen Optimierungsmaßnahmen wie in Dänemark bis zu drei Milliarden Euro in der Verwaltung - Stichwort Gemeindestruktur - einsparen. Aber was ist dafür notwendig? Neben einem starken Kostenbewusstsein und einer zielgerichteten Aufgabenkritik müssen, so Fiedler, eine Neuordnung der Kompetenzen mit stärkerer Konzentration beim Bund zu Lasten der Länder und eine völlige Neuorientierung des öffentlichen Sektors erfolgen. Zu Gute würde es jedem einzelnen Bürger kommen, denn „die Mehrkosten der Bürokratie zahlt der geduldige Steuerzahler in Österreich", so Fiedler.

Auch Hans Jörg Schelling sprach sich für einen sorgsamen Umgang der Politiker mit den Geldern der Steuerzahler aus, denn bei einer Staatsverschuldung von 73 Prozent ist „die österreichische pro Kopf-Verschuldung bereits knapp so hoch wie in Griechenland." Der Vorstandsvorsitzende des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger erläuterte, dass selbst wenn es gelingen würde, drei Milliarden Euro in der Verwaltung nachhaltig einzusparen, mit diesem Geld Pensionskassen und Zinsendienst bedient werden würden und kein einziger Euro der Schuldentilgung dienen würde. „Wir brauchen strukturelle Reformen, also zuerst eine Bundesstrukturreform und dann die Verwaltungsreform", so Schelling. Hauptproblem seien das Fehlen von ambitionierten Zielen und der in Österreich vorherrschende Feudalföderalismus. „Aber der Föderalismus wird in Österreich nicht zu Ende gedacht: jeder ist für etwas zuständig, aber keiner für etwas verantwortlich." Handwerkliche Kompetenz in Projekt- und Prozessmanagement fehle gänzlich in der Politik. „Ich bin für den großen Wurf in der Strategie und die kleinen Schritte in der Umsetzung", so Schelling weiter. Gerade im Gesundheitswesen gäbe es großes Einsparungspotenzial: knapp 10,5 Prozent des österreichischen BIPs werden für Gesundheit ausgegeben, damit hat Österreich nach der Schweiz und Luxemburg die absolut höchsten Ausgaben. Auf 1000 Einwohner kommen 6,1 Akutbetten, europäischer Schnitt ist 3,4. Die Auslastungsquote liegt bei 78 Prozent - verursacht durch die höchste Zuweisrate an Krankenhäuser weltweit. Die Spitäler kosten pro Jahr 11 Milliarden Euro. „In Österreich haben wir ein einrichtungsorientiertes, aber kein versorgungsorientiertes Gesundheitssystem", so Schelling, der zudem darauf verwies, dass Österreich bisher nicht einmal ein nationales Gesundheitsziel hatte. „Es wurde ein Reformprozess aufgesetzt und bis Ende 2011 wird es einen bundeseinheitlichen Konsolidierungsplan für die Krankenkassen geben". Die Länder haben einer bundeseinheitlichen Rahmenplanung, einer bundesländerübergreifende Planung und einheitlichen Versorgungsparametern zugestimmt. „Das ist ein Durchbruch in der föderalen Diskussion", so Schelling. Man dürfe aber nicht vergessen, dass in allen Systemen, ob in Bildung, Gesundheit oder anderen, genug Geld vorhanden ist - es wird nur leider häufig falsch eingesetzt.

Der CMC Masters Club, das Netzwerk-Treffen der Certified Management Consultants, dem namhafte österreichische Unternehmensberater und Wirtschaftsexperten angehören, greift im Rahmen der quartalsweise stattfindenden Veranstaltungen aktuelle Wirtschaftsthemen auf und formuliert im Expertenkreis einen Standpunkt sowie Lösungsansätze dazu.

Die bereits zum vierten Mal stattfindende Standpunktdiskussion war bis in die letzten Reihen gefüllt.

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